Die gekachelte Oase

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Der letzte Piep

Den letzten Piep den Antonia vor der Toilette wahrnimmt lässt sie etwas entspannter gegen die Wand ihrer ”gekachelten Oase” lehnen. Wobei es nicht Ihre Oase ist, sondern die aller, die heute mit ihr Frühschicht auf der Intensivstation leisten und eine Auszeit suchen.

Antonia ist Medizinstudentin und entschied sich während ihrer Semesterferien spontan für einen Einsatz auf der Intensivstation einer norddeutschen Klinik. Seitdem lernt sie seit einer Woche etwas, was sie zuvor nicht auf dem Zettel hatte. Die Unterscheidung von etwa fünfzig verschiedenen Pieptönen und den Umgang mit den zahlreichen Fehlalarmen. Und: sie schult ihr manuelles Auge. Im Ernstfall muss im Team jeder Handgriff sitzen.

Smart und clean

Wenn Antonia gleich das Diagnosezimmer erreicht, dann sind das im statistischen Mittel einige der 10.000 Schritte, die sie und das Pflegepersonal pro Schicht auf der Station zurücklegen. 

Ausgelöst durch Alarme und Fehlalarme. Statistiken weisen einen Schnitt von 150 – 350 Alarme pro Tag und Patient aus. Wohlgemerkt pro Patient!

Viele dieser Alarme erfordern jedoch keine akute Intervention. Der Stress hingegen, dass entscheidende Signale dennoch zu überhören bleibt.

Das Problem ist weitläufig bekannt und lässt sich bereits in naher Zukunft durch neue IT-Netzwerke lösen.

Wesentlich effektiver allerdings wäre die breite Nutzung der vorhandenen Covid-Apps, die den raschen Anstieg der dritten Welle smart und clean dämpfen könnten.

Wir sind ”alle”

Das derzeitige Alter auf der Station liegt zwischen 28- und 65 Jahre. Man könnte deshalb bereits von der iPhone Generation sprechen, die unter der britischen COVID-19 Variante  mit einer längeren Liegezeit behaftet ist. Und das bedeutet für das Personal eine hohe körperliche Anstrengung in Schutzkleidung. Patienten im künstlichen Koma müssen regelmäßig für 16 Stunden in Bauchlage gedreht werden. Eine Situation, in der die Schutzbrillen beschlagen, und der Stress steigt.

Anschließend wird eine Kollegin ein Gespräch von einem Angehörigen entgegennehmen und sich mehrfach müde über die Augen streichen. Aber selbst das ist keine Entspannung. Ihre Händen sind durch die ständige Desinfektion rau und empfindlich.

”Alle”…; wird Sie abends in einem Telefonat sagen. Wir sind einfach „alle”.

 

© Dieter Wolff